
Auch in einem Märchen von Hans Christian Andersen spielt ein Fenster eine Rolle, sogar eine nicht unbedeutende. Es ist das Märchen vom Standhaften Zinnsoldaten, der, nachdem er von dem kleinen Jungen aus einer Laune heraus in das Feuer des Kachelofens geworfen worden war, in den lodernden Flammen zu einem kleinen Zinnherzen geschmolzen ist, welches das Stubenmädchen am nächsten Morgen in der Asche fand. Ein geschmolzener Tropfen Blei. Ein Herz.
Hier ist die Passage mit dem Fenster:
"(...) Als es nun Morgen wurde, und die Kinder aufstanden, wurde der Zinnsoldat ans Fenster gestellt, und ob es nun der Troll oder der Zugwind war - auf einmal flog das Fenster auf und der Soldat fiel Hals über Kopf aus dem dritten Stock. Es war eine schreckliche Fahrt, er streckte das Bein gerade in die Luft und blieb auf der Mütze stehen, mit dem Bajonett unten zwischen den Pflastersteinen.
Das Dienstmädchen und der kleine Knabe kamen sofort herunter, um zu suchen; aber obschon sie nahe daran waren auf ihn zu treten, konnten sie ihn doch nicht sehen. Hätte der Zinnsoldat gerufen: "Hier bin ich!", so würden sie ihn wohl gefunden haben, aber er fand es nicht passend, laut zu schreien, weil er in Uniform war. (...)"
(Aus: Gesammelte Märchen von H. C. Andersen, Manesse Bibliothek der Weltliteratur)
Von der Tänzerin, in welcher sich der standhafte Zinnsoldat verliebt hatte und die von dem Wind der offenen Türe erfaßt nach ihm in das Feuer des Kachelofens flog, blieb nichts als die kohlschwarz gebrannte Paillette. Die Paillette so groß wie ihr Gesicht, welche ihr einst glänzend an einem schmalen, blauen Band über die Schulter gehangen war.
Das Märchen berührt so seltsam. Immer wieder.
Als wäre sein Leben eine ganz persönliche, eine innere Entwicklungsreise gewesen.